Tour auf dem Rupununi River in Guyana

3°51'26.4"N 59°01'17.3"W

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Im Reich der Riesenseerose, Victoria amazonica

Guyana hat weniger Einwohner als Frankfurt am Main – und die leben fast alle an der Küste, nicht hier, wo der Regenwald, der noch fast das ganze Land bedeckt, durchzogen vom Rupununi mit seinen Uferwäldern und abgeschnittenen Flussarmen voller Kaimane und Riesenseerosen. Vögel lieben eine derart abwechslungsreiche Landschaft, gut 400 Arten sollen hier zu beobachten sein. Die Savanne dahinter erinnert an Ostafrika, etwas buschiger vielleicht.

Auch nach fünf Stunden hat sich das Auge nicht sattgesehen. Weder des vorübergleitenden Dschungels ist es überdrüssig geworden, noch der Tiere, nicht einmal des Wassers. Trübe wie Tee strömt es gegen den Bug des kleinen Bootes. Mit gerade einmal 15 PS tuckert unser Außenbordmotor stromaufwärts. Deshalb und wegen der ausladenden Schleifen, in denen sich der Rupununi River durch den Südwesten Guyanas schlängelt, dauerte die Fahrt von Rewa Eco-Lodge nach Yakarinta eben jene fünf Stunden. Luftlinie sind beide Orte gerade einmal 30 Kilometer voneinander entfernt. Nur einmal gibt es an einer sandigen Flussgabelung eine Pause, die übrige Zeit verbringt man auf einem Bänkchen ohne viel Beinfreiheit, aber dafür mit der Wildnis des Rupununi als Entertainment-Programm.

Irgendwann biegt das Boot in einen stillen Seitenarm des Rupununi ein, den Simoni Creek. Er führt zunächst tunnelartig eng unter dem Geäst hindurch, weitet sich dann aber zu einem großen See. Das Wasser ist nun spiegelglatt und verdoppelt so die in der Abendsonne aufglühende Urwaldvegetation. Allein das einstündige Gleiten durch diese Zauberwelt wäre Grund gewesen, hierherzukommen. Von Menschen ist kaum etwas zu sehen. Ein einziges Boot kommt uns entgegen. Vereinzelt sieht man Einbäume am Ufer liegen.

Am allerhintersten Winkel des Simoni Creek ist das Wasser so still, dass dort etwas gedeiht, was es sonst nur in den ganz vom Fluss getrennten Tümpeln hinter dem Uferwald gibt: Die Riesenseerose Victoria amazonica, der Star der Gewächshäuser in den großen Botanischen Gärten Europas. Hier ist ihr Reich. Ihre enormen kreisrunden Blätter liegen flach auf dem Wasser, die Ränder aufgestellt und nach außen hin dornenbewehrt. Rosa Blüten welken vor sich hin. Sie waren die Attraktion des Vortags. Zwei kinderkopfgroße Knospen schwimmen dort ebenfalls, und hinter den Spalten ihrer Deckblätter schimmert es in dem reinsten Weiß, das sich vorstellen lässt. Aber nur eine der beiden wird sich heute Abend öffnen, zehn Minuten nach unserer Ankunft. Das Schauspiel beginnt pünktlich mit dem Sonnenuntergang. Bei aller Großartigkeit ist es für Menschen einer Zeit, in der alles einen Fast-forward-Knopf hat, auch einigermaßen irritierend.

Denn die Blüte öffnet sich im Verlauf von einer halben Stunde – so langsam, dass der starrende Blick keinerlei Bewegung bemerkt, aber doch so schnell, dass er nicht eine Sekunde woandershin schweifen will. So verdämmert ringsherum alle Landschaft unbeachtet bis zur schwärzesten Finsternis, und die wahrgenommene Welt konzentriert sich ganz in dem aufquellenden Weiß der Riesenblüte. So lässt sich auch gar nicht sagen, wann genau Wally seinen Handscheinwerfer angeschaltet hat. Denn anders als die Käfer, die nun heranschwirren, um in der Blüte die Nacht und den folgenden Tag zu verbringen, können wir keine Wärmestrahlung sehen. Es heißt, die Blüten der Victoria amazonica würden sich für die Käfer so erwärmen, dass man das bei einer Berührung mit der Hand spüren könnte. Dazu bringt uns das Boot aber nicht nahe genug heran. Einerlei. Nun sind nicht nur die Augen satt, und die Dunkelheit ist während der Rückfahrt fast eine Erleichterung.

Während der Tour auf dem Rupununi-River

Rupununi-River-Tourverlauf

Rupununi-Fluss vom Buschflieger aus betrachtet

Savannenlandschaft bei Yakarinta

Warten auf die Blüte

Ein heimischer Angler zeigt, wie man guten Fisch bekommt

Spaziergang am Meriparu River bei Surama

Am Meriparu River im Iwokrama-Wald bei Surama

Begegnung mit einem sehr aufmerksamen Otter