Regenwald-Spinnen
Zu einem authentischen Regenwald-Erlebnis gehören zwangsläufige Begegnungen mit Riesenspinnen. Natürlich ist mir bekannt, dass diese Tiere häufig Abstoßung und Ekel auslösen. Auch ich bin diesen Gliederfüßern
nicht gerade zugeneigt. Ich will hier aber keine Ängste oder Vorurteile verstärken, sondern das Gegenteil. Es besteht nämlich die sehr einfache Möglichkeit, eine Spinnenphobie zu mindern, sozusagen als
Eigen-Konfrontations-Therapie. Zumindest funktionierte das bei mir, so dass ich mittlerweile manche große Spinnenarten sogar schön oder wenigstens interessant finde.
Dennoch sind große Spinnen nicht ungefährlich, weil sie beißen können. Selten sind Bisse für Menschen lebensbedrohlich, sofern es überhaupt dazu kommt, denn die Wahrscheinlichkeit dafür ist äußerst gering. Dazu ist
während eines naturnahen Aufenthalts daran zu denken, dass Jagdspinnen, also solche, die keine Fangnetze bauen und stattdessen zur Beutesuche umherwandern, sich in Schuhen oder Kleidungsstücken verkriechen können.
Wenn es dann zur ungewollten Berührung kommt, kann ein Biss schmerzhaft sein.
Davon stirbt man zwar nicht, jedoch heilen derartige Wunden schlecht, weil von der Spinne gleichzeitig ein Gewebe zersetzendes Sekret und/oder infektiöse Keime injiziert werden. Demnach sollten Kleidungsstücke nicht
draußen abgelegt, oder falls doch, vor Benutzung kontrolliert werden.
Neben den riesigen, spektakulären Spinnen existieren in tropischen Regenwäldern noch unzählige kleinere Arten. Das spürt man z.B. an den Spinnfäden, die man unterwegs permanent ins Gesicht bekommt.
In praktisch jeder Urwald-Nahen Hütte sind bestimmte jagende Reisen-Spinnen (sogenannte Taranteln) als Untermieter aus einem naheliegenden Grund anzutreffen. Tagsüber verharren sie meist regungslos und unauffällig in Ecken
oder Winkeln. Doch abends, wenn Geckos bei künstlichem Licht munter Insekten jagen, schnappt sich im selben Moment eine dieser Spinnen blitzschnell den Gecko. Für derartige Beobachtungen wäre eine Schreck-Resistenz von Vorteil.
Auf dem großen Bild oben links ist eine Vertreterin der Linothele-Spinnengattung zu sehen, die mir im Nationalpark Canaima in Venezuela begegnet ist. Interessant ist, dass sie einige kleinere Mysmenopsis-Arten als
kleptoparasitäre "Untermieter" in ihrem Netz toleriert, die dort auf Beute aus sind, mit der sich die Hausherrin nicht abgibt. Diese besondere Variante der Vergemeinschaftung konnte ich auch bei anderen Linothele-Arten beobachten.
Ohne diese Kenntnis bin ich zunächst von Jungtieren ausgegangen.
Ich bitte ansonsten um Verständnis bezüglich Nicht-Festlegung der Arten-Bezeichnung auf einigen Fotos. Selbst Experten vor Ort haben wegen des großen Varietäten-Spektrums oft Zuordnungs-Schwierigkeiten.






















Stachelspinnen (Gasteracantha)
Diese Spinnen-Gattung bekommt wegen ihrer Außergewöhnlichkeit ein Extra-Kapitel. Schon allein wegen ihrer farbenfrohen Muster auf dem Rücken wirken sie irgendwie besonders. Und als ob die
Beutefang-Strategie mit Netzen nicht schon raffiniert genug ist, setzen Stachelspinnen damit noch einen drauf:
Normalerweise benutzen Tiere Farben, um ihre Partner anzuziehen. Bei räuberischen Arten sind bunte, kontrastreiche Zeichnungen eher selten, da die auffälligen Muster potenzielle Beute auf den lauernden
Räuber aufmerksam machen könnten. Sehr wahrscheinlich sollen aber die Farbmuster auf dem Rücken der Stachelspinnen die Farbe von Nahrungsquellen wie zum Beispiel von Blüten imitieren.
Ebenso reflektieren die Muster ultraviolette Strahlung stark. Dieses Licht wirkt wiederum auf viele Fliegen und Moskitos anziehend. Entsprechend bauen sie ihr Netz leicht schräg und setzen sich dann auf
die Unterseite ihrer Wohnstätte. Der bunte Rücken zeigt also zum Boden. So dienen die Sonne und die umliegende Vegetation als Tarnung für das Netz. Und je bunter der Rücken, desto größer ist die
Wahrscheinlichkeit, dass sich Opfer im Netz verfangen.
Genau wie bei den meisten Spinnenarten ist der Geschlechtsdimorphismus stark ausgeprägt. D.h. nur die Weibchen sind um ein Vielfaches größer und bunter als die Männchen. Letztere verfügen also nicht über die
beschriebenen zusätzlichen Vorteile beim Beutefang.









Springspinnen (Salticidae)
Diese Spinnenfamilie ist wegen ihrer Jagdstrategie ebenso hervorzuheben. Sie lauern nämlich auf Beute und springen sie an, Netze werden nicht gebaut. Dazu ist ihr Seh- und Geruchssinn im Vergleich zu anderen Arten besonders gut ausgeprägt. Ihren Spinnfaden nutzen sie bei Sprüngen zur Absicherung, ähnlich einem Bergsteiger. Die Körpergröße übersteigt selbst bei tropischen Arten selten 2cm. Spinnen-Phobiker brauchen also keinen Biss befürchten, der die Haut durchdringen kann. Wegen ihrer Wendigkeit und großen Augen wirken sie sogar irgendwie putzig und sind beliebt. Im südostasiatischen Raum sind häufiger farbenfrohe Arten anzutreffen.








